Samstag, 3. August 2013

Cheboksary - Lyskovo via M7 (158 km)

Mein Rad beladen - los geht's
So, heute geht es zur Sache. Der erste Radtag auf der M7, eine der großen Ost-West Verbindungen innerhalb von Russland. Ich bin dieses Wegstück auch vor zwei Jahren gefahren und erinnere mich an viel Verkehr... mal sehen.

Zuerst einmal anständig im Hotel Russia gefrühstückt - ein gutes Hotel mit freundlichem Personal, wir haben uns hier sehr wohl gefühlt - dann die Räder herausgeholt und mit dem Gepäck beladen - los geht's!

Nachdem wir ein paar Kilometer durch Cheboksary gerollt sind, erreichen wir ein für Russland seltenes Schild: Radweg! Rund 10 km verläuft neben der Ausfallstraße ein Radweg bis kurz vor die Einmündung der M7. Der Weg ist stark frequentiert, neben Radfahrer sind auch etliche Skiläufer auf Rollenski unterwegs - Vorbereitungen für den Winter, der nicht mehr lange auf sich warten lässt.

Einzigartig: Ein Radweg!
Dann beginnt die Fahrt auf der M7. Zunächst ist noch alles in Ordnung. Es hat zwar sehr viel Verkehr, der Seitenstreifen ist aber breit und die M7 auf diesem Abschnitt gut ausgebaut. 

Irgendwie klappert mein Garmin Navi... Ich nehme das nicht so ernst, bis es sich aus der Halterung löst, weil eine Schraube locker war. Es fällt mitten auf die Straße und hinten kommt gerade ein LKW. Der LKW rollt mit den Vorderreifen knapp dran vorbei und erwischt es dafür voll mit den Zwillingsreifen hinten - das Navi wirbelt meterhoch durch die Luft. Vor meinem geistigen Auge sehe ich mich durch die Großstädte irren, auf der Suche nach unseren Hotels, immerhin sind alle Anfahrten auf dem Navi gespeichert und die Städte hier sind groß.... Hier an dieser Stelle ist es Zeit sich bei Garmin für die etrex Serie zu bedanken! Es kann auch ein LKW darüber rollen, das Navi ist, bis auf ein paar Schrammen, ganz und funktioniert einwandfrei - ausgezeichnete und robuste Wertarbeit! Was war ich erleichtert!

Verkehr, Verkehr, ...
Der gut ausgebaute Abschnitt der M7 ist nach ein paar Kilometern zu Ende und es beginnt jetzt das, was ich erfolgreich verdrängt habe: Die M7 wird zweispurig, sehr eng, keine Seitenstreifen zum Radeln und die Fahrbahn hat eine Menge Löcher, Rillen und es herrscht in beiden Richtungen starker Verkehr, vor allem viele LKWs. Wenn dieselben mit teilweise 30 cm Abstand an einem vorbeifahren ist das wirklich gefährlich und man muss auf der Hut sein - und das Ganze geht noch mindestens 30 Kilometer so weiter bis zum Fluss Sura. Die Sura ist auch der Grund weswegen wir auf der M7 fahren - es gibt auf vielen Kilometern weder flussaufwärts noch flussabwärts eine weitere Brücke. 

Beim ersten Halt reißt mir Doris fast den Kopf ab! Sie könne es verstehen, wenn man das erste Mal in so eine Situation gerät, ich wäre aber ja schon zum zweiten Mal hier unterwegs und wüsste genau wie besch... es ist. Ja, da hat sie Recht, ich frage mich in
Ganz schön breit: Die Sura
solchen Abschnitten auch immer warum ich das eigentlich mache - aber auch 30 km gehen vorüber... Tapfer wie meine Frau ist, nimmt sie, nach anfänglichen Schwierigkeiten, die Herausforderung an, verteidigt trotzig ihren Platz auf der Straße und wir kommen unbeschadet an der Sura an.

Wir fahren über die neue Autobahnbrücke und ob dem breiten Seitenstreifen bessert sich unsere Stimmung merklich. Im späteren Verlauf der M7 wird zwar der Straßenzustand wieder schlechter, aber nicht so schlecht wie auf dem Abschnitt vor der Sura. 

Nach 6:42 Stunden und 158 km kommt Lyskovo in Sicht und wir biegen erleichtert auf eine kleine Nebenstraße ab. Zum ersten Mal an diesem Tag hören wir unsere Räder surren - der Krach auf der M7 ist unbeschreiblich - ich hätte meinen iPod mitnehmen sollen... ;-)

Beim ersten Dorfladen stoppen wir, um uns ein Eis zu gönnen und Wasser für die Nacht zu kaufen. Die Frau an der Kasse ist an unserer Aufmachung sehr interessiert und mit Händen und Füßen und ein paar Brocken russisch bekommen wir erklärt, was wir tun: Kazan - Moskau?, mit dem Veloziped? - das gefällt ihr sehr gut - irgendwie heldenhaft halt... In einem Dorfladen werden natürlich nicht nur Waren verkauft, sondern auch Informationen "dispatched". ;-) Als wir vor dem Laden gemütlich das Eis essen, kommt ein Mann zu uns her, drückt jedem von uns drei Äpfel in die Hand, sagt etwas über Kazan, Moskau, Veloziped - und wünscht uns eine gute Reise - wir fühlen uns hier auf dem Land irgendwie daheim und haben eine wertvolle Erkenntnis gewonnen: Wer Freunde hat, hat Äpfel!

Vor dem Hotel Parus
Wir rollen weiter durch das sehr ländliche Lyskovo hinunter an die Wolga, biegen um eine Kurve und stehen vor einem umzäunten und bewachten Gelände - das von uns gebuchte Hotel Parus ist ein ziemlich neues Gebäude in bester Lage und in bestem Standard - da können wir unsere Räder allemal vor dem Hotel stehen lassen. Zur Fähre über die Wolga sind es gerade mal 200 Meter - da haben wir es morgen früh ziemlich einfach...

Im Hotel spricht niemand Englisch oder Deutsch, was aber durch viel guten Willen und Offenheit ausgeglichen wird - wir haben viel Spaß :-) Beim Einchecken kommt uns ein Gast zur Hilfe, die ausgezeichnet deutsch mit einem starken Schweizer Akzent spricht. Ja, sie lebt eigentlich in Bern und ist hier in Lyskovo um Verwandte zu besuchen... die Welt ist wirklich klein!

Lyskovo
Beim Abendessen sind die Mädels vom Service einfach clever: sie bringen das Notebook mit offenem Google Translator mit - und wir kommunizieren sehr ausführlich mit Hilfe von Google - es lebe die moderne Technik. Natürlich hat das Verfahren auch ein paar Tücken: Bei dem Essensvorschlag für mich krümmen wir uns vor Lachen, da der Translator "Fleisch Unzucht" übersetzt. Unzüchtiges Fleisch? Ja, das will ich gerne mal probieren :-) Das Zuchtfleisch hat dann ausgezeichnet geschmeckt und für Doris haben wir mal wieder ein fleischloses Essen organisieren können - bisher hat sie noch keinen Bissen Fleisch essen müssen.

Wohlig müde und gesättigt legen wir uns schlafen und freuen uns auf den morgigen Tag: Da wollen wir mit der Fähre über die Wolga, die hoffentlich wenig befahrene Straße nach Bor nehmen und dann von Bor nach Nischni Nowgorod wieder mit der Fähre übersetzen.






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