Mittwoch, 31. Juli 2013

Kazan - Cheboksary via Mari El (173 km)

Nun ist es soweit, wir verlassen heute Kazan und Tatarstan, fahren durch die Republik Mari El und werden schließlich in Cheboksary, der Hauptstadt von Tschuwaschien am Abend ankommen.

Wichtig bei langen Strecken ist ein vernünftiges Frühstück. In meinem Fall Rührei mit Speck und Bliny mit Marmelade - da steckt genügend Power drin, um den Tag zu überstehen. Damit wir uns nochmal sehen, frühstückt Gulnara mit uns. So können wir die schöne Zeit in Kazan Revue passieren lassen und uns in aller Ruhe von Gulnara verabschieden.
Auf der Nebenstrecke...

Pünktlich um 8:30 Uhr steht dann Ildus vor dem Hotel. Er wollte uns eigentlich auf dem Rad durch Kazan eskortieren, seine Termine lassen das aber nicht zu - so wird er uns mit dem Auto durch Kazan begleiten. Leider haben nur Ildus und Gulnara fotografiert, eines der Bilder wäre hier angemessen gewesen.

... sehr idyllisch
Dann geht es los. Ildus fährt mit Gulnara im Auto vor uns her und räumt die Straße frei, während ich die ersten Meter mit Gepäck absolviere. Mein Rad mit Gepäck ist ein LKW. 16 kg das Rad, 22 kg Koffer + Satteltaschen, 3 kg in der Lenkertasche = 41 kg Masse. Träge, aber immer noch gut zu handeln und steif - liebe Grüße an Rotor Bikes in Leipzig - der Rahmen ist Spitze! Hinter dem Kreml verabschieden wir uns endgültig von Ildus und Gulnara - nun sind wir auf uns alleine gestellt und stürzen uns in den Großstadtverkehr. Den Weg finden wir problemlos - ich habe zuhause von allen Strecken GPS-Tracks erstellt und mein Garmin-Navi funktioniert tadellos.

mäßiger Belag
Die ersten 50 Kilometer sind geprägt durch starken Verkehr, der uns aber wenig ausmacht, weil immer ein breiter Seitenstreifen vorhanden ist, auf dem sich gut fahren lässt. Weiter geht's über Zelenodolsk und Volzshk, zwei Städte mit viel Industrie, viel Bahngleisen, einer Menge Verkehr und mäßig gute Straßen ohne Seitenstreifen.

Wir fahren dieses Mal einen anderen Weg durch Mari El, über Zvenigovo, der verspricht verkehrsarm zu sein. Der Verkehr nimmt dann auch
Zvenigovo downtown
tatsächlich ab,
dafür wird der Straßenbelag klassisch Nebenstrecke mit vielen Schlaglöchern und Unebenheiten - das rollt gar nicht. Zusätzlich haben wir noch Gegenwind, ein ganz schöner Kraftakt. Aber wir sind ja zu zweit und können uns ablösen, so genieße ich gelegentlich das bisschen Windschatten, dass Doris gibt ;-)

Ungefähr 30 Kilometer vor Cheboksary kommt uns Anatoli Jarutkin mit dem Auto zur Begrüßung entgegen - eine ganz herzliche Begrüßung nach über zwei Jahren, in denen wir uns nicht gesehen haben.

Er fährt schon einmal vor ins Hotel, wo er gemeinsam mit Alexander Kapitonov, auf uns warten wird. Der angekündigte Regen setzt jetzt in voller Stärke ein, wir fahren die letzten 30 Kilometer in starkem Regen und sehen so bei der Fahrt über die Cheboksarer Wolgastaustufe nur wenig von der Wolga. Im Hotel angekommen, besorgen wir uns schnell das Zimmer und genießen die Dusche, um all den Dreck von der Straße und den Autos loszuwerden. Positiv am Regen hier ist: Es regnet bei 20 Grad - man friert nicht.

Nachdem wir uns gerichtet haben treffen wir Hotelrestaurant Anatoli und Alexander, um zu besprechen was wir am morgigen Tag alles unternehmen wollen. Bei gutem Essen und einem Glas ausgezeichnetem Cheboksarer Bier klingt unser erster Radtag aus. Es war nicht einfach, am Ende haben wir aber für die 173 km "nur" 7:30 Stunden benötigt, was immer noch ein 23er Schlag ist. Damit sind wir zufrieden.





Dienstag, 30. Juli 2013

Kazan Tag 3

Nach einem opulenten Frühstück, zuerst einmal mit Ildus geskypt, wann er sich mit
Kazaner Puppentheater
uns treffen will - 5 pm, d.h. ein Tag zu unserer Verfügung. Kurz beratschlagt und wir sind uns einig: Wir wollen die Kul Scharif Moschee auf jeden Fall von Innen sehen - letztes Mal waren wir zu spät dran und es war geschlossen.

Da das Metro fahren so nett war, beschließen wir es mal alleine, ohne die Unterstützung unserer Freunde, zu versuchen. Auf dem Weg zur Metro kommen wir am Kazaner Puppentheater, dem größten Puppentheater in
Europa, vorbei und beschließen - uns diesen Prachtbau näher anzuschauen. Leider ist das nicht so ganz einfach. Die Dame am Eingang erklärt uns, dass das Theater geschlossen ist und wir nicht hinein können. Nach Doris offenkundigem Bedauern besinnt sich die Dame, redet mit dem Sicherheitspersonal und winkt uns herein - das Foyer mit den dort ausgestellten Puppen dürfen wir besichtigen und gebührend bewundern. Sehr nett - es folgt das obligatorische Foto mit der liebenswerten Frau.

Dann mal flugs zur Metro - ich kaufe "twa billiets", die Kommunikation klappt immer besser und günstig ist das Metro fahren sowieso. Wir steigen drei Stationen weiter aus und blicken  hoch zum Kreml. Einfach immer wieder beeindruckend!

In eine Moschee kommt frau natürlich konsequenterweise ohne Kopftuch, Beinbekleidung und bedeckten Schultern nicht rein - gut dass am Eingang entsprechende Tücher kostenlos ausgeliehen werden. Steht meiner Frau, so ein Kopftuch, auch wenn ich zuhause nicht darauf bestehen werde... ;-)

Beeindruckende Architektur, faszinierende Lichtverhältnisse und die 99 Namen von Allah - Bilder sagen mehr als Worte.

Wenn wir schon einmal da sind, schauen wir nochmal in der
orthodoxen Kathedrale vorbei, der Übergang zwischen Christentum und Islam und zurück ist beeindruckend. Das ist auch einer der Hauptreize von Kazan, der Mix beider Kulturen, die seit fast 500 Jahren friedlich koexistieren...

Nach einem faulen Nachmittag holt uns Ildus mit dem Fahrrad am Hotel ab - wir wollen eine gemeinsame Radtour durch Kazan Downtown und entlang der Kasanka und der Wolga machen. Ildus Yanischew setzt sich als Abgeordneter seit Jahren für den Bau von Radwegen in Kazan ein.

Zuerst einmal fahren wir quer durch Kazan Downtown zum
Ildus & Fuchs & Volker
Denkmal von Karl Fuchs. Karl Fuchs ist einer der berühmtesten Deutschen in Kazan. Er ließ sich im 19. Jahrhundert hier nieder und wurde zum Rektor der Kazaner Universität. Unter anderem gründete er die medizinische Fakultät in Kazan.

Das Denkmal von Karl Fuchs liegt an der Kasanka, die ein kleines Stück weiter in die Wolga mündet. Hier haben wir uns mit Damir Safin, einem Freund von Ildus, verabredet, der uns auf  der Radtour begleiten wird.

Damir ist Fitnesstrainer und veranstaltet Radtouren durch Kazan, auch ihm ist an den Radwegen gelegen. Auf unserem
Weg kommen wir auch am tatarischen Agrarministerium vorbei. Diesmal sehen wir den Bau in voller Breitseite - gigantomanisch! Hier wird nicht gekleckert, hier wird geklotzt und ich bleibe dabei: Um die Baukosten von 2 Milliarden Rubel wieder hereinzubekommen, muss man eine Menge Kartoffeln verkaufen. ;-)

Wir fahren gemütlich an der Kasanka entlang. Die
Radwege sind noch nicht fertig, es hat sich aber in den letzten Jahren, auch im Kontext der Universiade, viel getan. Hier wird das gemütliche Radfahren am Flussufer, bei Sonnenschein, einmal richtig Spaß machen.

An der Einmündung der Kasanka in die Wolga treffen wir einen skurrilen Radler mit witzigem Rad und witziger Radkleidung. Ein Flugzeugingenieur, der sich wohl gerade eine Auszeit von seinem Job nimmt. Really crazy!

Auf der weiteren Fahrt zum Kazaner Wolgahafen, erzählt mir Ildus ein bisschen mehr von dem "Rent a bike" Projekt. Es gibt in Kazan 7 Mietstationen an denen man die Räder anmieten und wieder abgeben kann. Es ist in Russland das erste Projekt dieser Art. Spannend, da die ersten 45 Minuten der Nutzung kostenlos sind. Ich bin gespannt wie sich das entwickelt.

Vom Wolgahafen sind wir sehr beeindruckt. In der modernen Halle werden die Passagiere für die Schiffsreisen entlang der Wolga abgefertigt - man kann auf der Wolga fast von Moskau bis nach Astrachan mit dem Schiff reisen. Dafür braucht man dann so ca. 2 Wochen Zeit. Eine gute Alternative für alle diejenigen, die sich nicht mit dem Rad über die mäßig guten und verkehrsreichen russischen Straßen quälen wollen. ;-)

Unser nächstes Ziel ist das "tatarian settlement", ein im originalen Stil teils neugebautes, teils renoviertes Viertel, in
Kazaner Hafen
dem wir von Ildus zu einem Tee, tatarischer Milch und getrockneten Früchten eingeladen werden. Sehr gemütlich und sehr lecker. Herzlichen Dank Ildus!

Unsere kleine Tour endet mit der Fahrt entlang des Kabaner Sees, eine kleine Idylle und Naherholungsgebiet in dieser Millionencity. Hier hätten wir sogar Tretboot fahren können.

Nach diesem kleinen Trip auf dem Rad sind wir nun bestens gerüstet für den morgigen Tag! Da geht es zur Sache: ca. 170 km von Kazan nach Cheboksary. Die Wetteraussichten waren schon besser: Es ist Regen angesagt!





Kabansee in Kazan
Verabschiedung von Damir


Montag, 29. Juli 2013

Kazan Tag 2 - Swijaschsk (Свия́жск)

Nach der gestrigen Tour durch Kazan, möchte Gulnara uns heute die Insel Schwijaschsk zeigen.

Schwijaschsk wurde 1551 auf Anordnung Iwan des Schrecklichen gegründet und diente als Basis zur Eroberung von Kazan 1552. Im Folgenden wurden auf der Insel mehrere Klöster im Zuge der Christianisierung der Tataren gegründet, die nach der russischen Revolution geschlossen und als Gefängnis, Umerziehungslager für Jugendliche und ab 1953 als  psychiatrische Klinik
Verwendung fanden. In den 80ern besann man sich dann wieder auf das kulturelle Erbe und begann in einem der Klöster ein Museum einzurichten. Die tatarische Regierung ist sehr bemüht aus der ganzen Insel ein Museum zu machen. Schwijaschsk ist bei der Unesco ein Kandidat für den Status als Weltkulturerbe.

So fahren wir gemeinsam mit Gulnara, Iya und Angelica auf der M7 über die Wolga und erreichen über den in
den letzten Jahren errichteten Damm bequem die Insel. Die Insel war ursprünglich viel größer, hat aber durch die Stauung der Wolga einiges an Fläche eingebüßt - man kann die Insel bequem zu Fuß umrunden.

Schwijaschsk liegt eingebettet in die Uferlandschaft der Wolga und das ist großartig. Die Wolga erinnert mich hier eher an den Bodensee als an einen Fluss - viele Nebenarme in Seegröße mit riesigen Inseln  aus Schilf.

Zuerst einmal füllen wir unsere Wasserflaschen auf - das Trinkwasser auf der Insel ist von bester Qualität - für Angelica nehmen wir gleich mal einen 10 Liter Vorrat für die nächsten Wochen mit.


Mir fehlt an dieser Stelle ein bisschen die Zeit über die Klöster und Kirchen zu reden - ich schreibe gerade retrospektiv und bin ziemlich weit hinten dran. Ich denke Bilder sagen da mehr als Worte. Nur soviel: Ich konnte bisher in Russland an keinem Ort so gut die architektonische Brücke zu Konstantinopel schlagen.

Eltern mit Kind ;-)
Man kann gut den Weg der Insel in ein Museum erkennen. Inzwischen wurden etliche Souvenirläden und ein Touristenzentrum errichtet. Alle Sehenswürdigkeiten werden in Russisch, Tatarisch und in Englisch erklärt.

Ein Highlight für uns ist, neben der Kultur, auf jeden Fall Angelica. Unsere Kinder sind ja schon erwachsen und es ist richtig nett mal wieder ein Baby im Arm zu halten.

Auf dem Rückweg in Kazan, verabschieden wir uns von Iya und fahren mit der
Metro zur "Tartan Village". Man hat beim Bau der Metro darüber diskutiert, ob man mehr Stationen baut, oder die Stationen schöner macht. Man hat sich für letzteres entschieden und das ist auch gut so - sehr beeindruckend. Die Metro inklusive der Stationen sind auffallend sauber - selten so aufgeräumte U-Bahn Stationen gesehen. Schwarzfahrer gibt es auch nicht, dafür sorgen die überall präsenten Sicherheitsleute. Übrigens gibt's in den Stationen ausgezeichneten Kaffee zum Mitnehmen.
Iya & Angelica
Die "Tatarian Village" ist ein Dorf/Park in Kazan in dem man liebevoll alte tatarische Häuser nachgebildet und in eine bezaubernde Gartenlandschaft eingebettet hat. Ein schöner Platz um sich zu entspannen und ausgezeichnete Bliny zu essen.








Deckenmalerei in der Kazaner Metro


Eines der vielen Wandmosaike in der Metro

Tatarstan Village



Sonntag, 28. Juli 2013

Kazan Tag 1

Siegerehrung der Kids
Wir sind in Kazan Deutschland 2 Stunden voraus, also Frühstück um 8:00 Uhr ist in
Wirklichkeit 6:00 Uhr. Das Frühstück im Park Inn Radisson ist umfangreich und ausgezeichnet. Wir rüsten uns für den Tag, von dem wir nur wissen, dass Wladimir und Alan Khainullin um 10:00 Uhr uns mit dem Fahrrad abholen und uns zu einem Cross-Country Rennen am Rande von Kazan mitnehmen.

Pünktlich sind beide im Hotel und wir fahren mit den Rädern zu dem Rennen, mit einer kleinen Unterbrechung, um aus dem Geldautomaten Rubel zu
Kazaner Fußgängerzone
besorgen und Wasser zu kaufen. Ich möchte hier keine Schleichwerbung machen, aber die Visa-Card von der DKB funktioniert hier ausgezeichnet bei "no fee worldwide" - die Berliner sind doch sehr "schwäbisch" unterwegs. ;-)

Alan fährt ein schönes Carbon-Bike und hat ganz schön Druck - zwischendurch ballern wir mal mit knapp 40 durch die Gegend, bis es straff bergauf geht und für mich zumindest das Ballern vorbei ist. Er ist schon mit dem Rad um die halbe Welt gefahren - das spürt man, der Mann kann Radfahren.

Meine Verehrung!
Die Veranstaltung ist ein schöner kleiner Event mit Rennen für die Kids und später für die Erwachsenen - eine schöne familiäre Veranstaltung, Bernhard Lingenhöle, der Nachwuchstrainer des RSC
Biberach, hätte seine Freude daran. Unser Problem mit dem Luftdruck in den Reifen löst sich sprichwörtlich in Luft auf, da wir mit einer Standpumpe ganz locker 6 bar in die Reifen bekommen.

Gegen später kommt dann Gulnara mit ihrer Freundin Iya Kulikova. Iya ist gerade aus Italien zurück, wo sie ihre Tochter Angelica entbunden hat. Die zwei Monate alte Angelica ist ein wahrer Wonnepropen - davon morgen mehr.  Iya spricht auch englisch, das sie aber immer wieder mit italienischen Brocken verziert - Doris freut sich: die italienischen VHS-Kurse waren nicht umsonst. ;-)

Universitätsbibliothek
Nach dem Ende der Veranstaltung fahren wir zurück zum Hotel durch strömenden Regen - es tobt gerade ein Gewitter. Das Wasser steht an manchen Stellen ziemlich hoch auf der Straße und wir müssen uns ziemlich konzentrieren, um die hier und da vorhanden Schlaglöcher zu erkennen. Gut dass es warm ist, selbst Doris friert nicht.

Vor dem Hotel haben wir uns mit Gulnara verabredet, um per pedes eine kleine Sightseeing-Tour durch
Der junge Lenin
Kazan zu unternehmen. Zuerst einmal Kaffee trinken  - wir laufen in die nahegelegene Fußgängerzone von Kazan und unterstützen eine hier nicht näher genannte, sehr bekannte amerikanische Fastfoodkette durch Kauf von Kaffee und Kuchen.

Es sind hier übrigens viele deutsche Firmen aktiv - von deutschen Möbeln, deutschen Autos bishin zu einem Mediamarkt, kommt uns doch einiges sehr heimisch vor. Die deutsche Wirtschaft hat Russland als Markt schon lange entdeckt.

Neoklassizischtisch
Die Rechtsfakultät
Die Kazaner Universität ist die drittwichtigste Universität in Russland. Angegliedert sind viele Institute mit unterschiedlichen Fachrichtungen. Man kann hier Mathematik, Physik, Rechtswissenschaft und vieles mehr studieren. Auch Lenin hat hier ein halbes Jahr studiert - bis man ihn wegen dem Anzetteln einer Studentenrevolte von der Uni verwiesen hat  - früh übt sich.... Nach der russischen Revolution hat man ihm dann, in stereotyper sozialistischer Formgebung, ein Denkmal gesetzt.

Sehenswert ist übrigens auch die Universitätsbibliothek - ein aufwändig mit Stuck
Rent a bike
verziertes Gebäude aus dem 19. Jahrhundert. Vor der Uni kann man übrigens Fahrräder anmieten, um nicht die ganzen Wege laufen zu müssen.

Auf dem weiteren Weg zum Kreml kommen wir am Hotel Guiseppe vorbei. Ich hatte das Hotel im Visier, da es viel näher im Zentrum von Kazan liegt als das Radisson - in booking.com war die Präsentation des Park Inn aber besser. Gulnara ist an dem Hotel auch sehr interessiert und so gehen wir hinein und bitten um eine Besichtigung, die uns gerne gewährt wird. Was wir sehen versetzt uns kurz nach Italien: Guiseppe ist ein Italiener, der vor ein paar Jahrzehnten nach Kazan geheiratet und neben  einem Cafe (bester Kaffee in Kazan) dieses Hotel in komplett italienischem Stil aufgebaut hat. Das komplette
70er Jahre sozialistisch
Mathematische Fakultät
Ambiente und die Innenausstattung sind italienisch - von den Möbeln über die Gemälde bis hin zum klassischen gefliesten Fußboden. Ich glaube das nächste Mal müssen wir auf jeden Fall hier buchen.

Das historische Herz von Kazan ist sicher der Kreml. Ein Kreml ist in Deutsch nichts anderes als eine Festung  - wir werden auf unserem Weg noch einige besuchen. Der Kazaner Kreml ist eine sehr umfangreiche Anlage mit vielen historischen Gebäuden, dem Sitz der tatarischen Regierung, etlichen Museen und einer Menge Kunst. Man kann in 2-3 Stunden  nur einen Teil erfassen, so spazieren wir gemütlich über das Gelände und lassen diese Ballung aus islamischer und christlicher Kultur auf uns wirken.

Schon beim letzten Mal war ich von der Kul Scharif Moschee sehr beeindruckt. Die
Kul Scharif Moschee
Moschee wurde vor ein paar Jahren mit vielen Spenden aus der islamischen Welt neu erbaut - der Vergleich zur Frauenkirche in Dresden zwingt sich mir förmlich auf.

Direkt nebenan die orthodoxe Mariä-Verkündigungs-Kathedrale, erbaut von 1556-1562. Wie alle orthodoxen Kirchen, befinden sich im Innern keine Sitzbänke - es wird während  des Gottesdienstes gestanden und gekniet. Das Interieur ist atemberaubend - reiche Verzierungen stehen im Wechsel zu biblischen Szenen und Gemälden der Heiligen, die uns mit den Augen auf Schritt und Tritt folgen. Der Boden ist aus Metall - im Winter wird im Untergrund ein Feuer gemacht und während des Gottesdienstes ist es dann schön warm.

Mariä-Verkündigung
Hinter der orthodoxen Kirche zeigt uns Gulnara einen imposanten Bau ähnlich dem Reichstag in Berlin und lässt uns raten was sich wohl dahinter verbirgt... Die Lösung ist: Das tatarische Agrarministerium!! Hmm, 2005 erbaut, hat sich da wohl jemand verwirklicht. Muss ein toller Job sein, tatarischer Agrarminister. Ich stelle mir gerade vor, wie hoch wohl die Kartoffelproduktion sein muss um diesen Bau zu rechtfertigen :-)

Auf dem Rückweg vom Kreml kommen wir an einem Haus vorbei, indem vor 1933
tatarisches Agrarministerium
General Guderian lebte. Verständlicherweise erinnert keine Gedenktafel daran. Was viele nicht wissen: Ende der zwanziger Jahre haben die Deutschen und Russen gemeinsame Panzerstrategien entwickelt, basierend auf den Ideen von Lidell Hart, dem genialen englischen Strategen, dem man in England kein Gehör schenkte... Erst nach dem Frankreichfeldzug 1940 ging den Engländern ein Licht auf - die Taktiken kamen von einem englischen Landsmann. 1933 war die russisch-deutschen Zusammenarbeit zu Ende - in Deutschland kamen die Fanatiker an die Macht.

Restaurant
Den Tag beschließen wir in einem tatarischen Restaurant mit leckeren tatarischen Speisen und in landestypischem Ambiente. Ein toller Tag! Doris hat beim Rückweg ins Hotel, das Gefühl "schon eine Woche hier zu sein".


Leckere Speisen










Thank you Gulnara, for your greatful support!









Samstag, 27. Juli 2013

Entering russia by plane

Die Vorbereitungen waren wie immer stressig!

Am Freitag sind wir um 9:00 Uhr mit unseren Fahrrädern zu Sven in den Laden gefahren, um noch ein paar Teile zu wechseln und kleinere Änderungen vorzunehmen, wie die Gabel meines Rades zu kürzen, bei der Speedhub das Getriebeöl zu wechseln und einen neuen Hinterreifen aufzuziehen. 


Anschließend haben wir in alte Radkartons unsere Räder für den Flug verpackt und nachmittags dann die letzten Dinge besorgt. Immer wieder unglaublich, was man alles in zwei Satteltaschen und einen Radkoffer hineinbekommt. ;-) 

Am Samstag dann um 07:00 Uhr nach München zum Flughafen gefahren. Wir parken nicht direkt am Flughafen, sondern bei Kretschmers, einem kleinen Familienunternehmen, das unser Auto auf ihrem Gelände abstellt und uns in einem Sprinter zum Flughafen befördert. Sehr günstig und sehr nette Leute!

Es ist sehr heiß! Während wir auf den Check-In warten,
schwitzen wir um die Wette. Eine letzte Message von Gulnara: Wie groß sind eigentlich eure Radkartons? Sie wird auf uns mit  einem Taxi am Kazaner Flughafen warten, um die 28 km nach Kazan zu überbrücken.

Wir fliegen mit AK Bars, der tatarischen Airline, in einem kleinen Jet mit 50 Sitzplätzen. Die wenigen Deutschen an Bord, sind nach Russland verheiratet und auf dem Weg die Verwandtschaft zu besuchen - wir sind die einzigen Touristen, was viel über unsere Wahrnehmung von Russland als Urlaubsziel aussagt.
Nach 4 Stunden Flug erreichen wir das ca. 800 km östlich von Moskau gelegene Kazan. Die Hauptstadt von Tatarstan hat seit kurzem einen hypermodernen Flughafen - toller Standard! Nach der obligatorischen Grenzkontrolle inkl. Befragung was wir in Russland tun wollen, (Touristen, ach so, wer ahnt den so etwas, steht ja nur im Visum :-)) ), werden wir ganz herzlich von Gulnara in Empfang genommen - nach über einem Jahr ein schönes Wiedersehen. Wir machen gleich mal ein Photo vor dem Emblem der Universiade, die vor einer Woche in Kazan zu Ende ging.
Die Universiade ist einer der größten Sportevents auf der Welt und wird, wie die olympischen Spiele, immer an unterschiedlichen Orten veranstaltet. In Deutschland wird das medial eher weniger wahrgenommen.


Das Wetter ist eine Erlösung - gewittrig, leichter Regen, bei 23 Grad - das fühlt sich nach den über 30 Grad in München einfach gut an. Gulnara hat uns ein
günstiges,"geräumiges" Taxi besorgt, das sich als weißer Lada entpuppte... Der Taxifahrer, auf dem Weg zu seinen Eltern, hatte den Kofferraum voll mit Paprika, Auberginen und selbstgebrauten Säften. Alles kein Problem - geht schon, ich bewundere das russische Improvisationstalent. ;-)

Nach einer kurzweiligen Fahrt erreichten wir das Radisson in Kazan, einem würdigen Vertreter der
Radisson-Kultur. Modern, luxuriös und funktional. Wladimir Baranow wartet schon auf uns. Ich lernte Wladimir bei der Friedenstour kennen, er hat uns damals auf dem Rad eine Führung durch Kazan gegeben und kam im letzten Jahr ins Schwäbische um eine Radtour rund um den Bodensee zu unternehmen.

Jetzt nur noch einen Platz suchen, wo wir das tun können - der Vorschlag vom Hotel: In der Empfangshalle! Ok, machen wir und nach einer halben Stunde sind die Räder montiert. Wie üblich gibt es Schwierigkeiten mit dem Luftdruck der Reifen - 6
bar sind nicht gerade wenig und mit einer kleinen Handpumpe schwer zu pumpen. Ein Verwandter von Gulnara hat einen kleinen elektrischen Kompressor - der ist gut für das Auto, hat aber mit mehr als 4 bar Probleme. Da werden wir morgen noch daran arbeiten müssen. Die Räder dürfen wir mit aufs Zimmer nehmen.